Abenteuer Mittelmeer: Wir umrunden das blaue Meer und entdecken die Welt der Luftfahrt
Eine Idee wird geboren……wie es immer im Leben ist, man sitzt zusammen und umso später der Abend umso verrückter die Ideen.
So auch diesmal. Fliegerfreunde sitzen zusammen, eins kommt zum anderen, alte Hase berichten, junge Piloten belauschen die Abenteuer der vergangenen Jahrzehnte. Letztendlich gingen wir auseinander, jeder fuhr nach Hause mit einer Route im Kopf, die es in sich hatte.
Wir wollten das Mittelmeer umrunden. Vielleicht nicht ganz, aber einen beträchtlichen Teil. Schnell wurden Fragen aufgeworfen „lange Strecken über das Meer, geht das, was benötigen wir dafür, wo bekommen wir das notwendige Equipment her, welche Maschinen können wir lange usw“
Nach einigen Abenden und viel Messenger Texten waren wir eine Gruppe von 6 Piloten und 3 Flugzeugen. Zwei 172er und eine Piper Arrow. Dirk, Andre, Sascha, Klaus, Tobias und ich, alle organisert im Frankfurter Verein für Luftfahrt in Egelesbach (EDFB). Mein ehemaliger Fluglehrer Dirk und Klaus, auch als Fluglehrer im FVL engagiert, waren die erfahrensten Piloten und immer eine große Stütze in allen Fragen des Fliegens, aber auch der Meterologie auf unserer Reise.
Aufgaben wurden verteilt, wer organsiert Schwimmwesten, wer Rettungsinseln, benötigen wir einen Notsender, wo übernachten wir, Karten organsiert, Werkzeug beschafft und vieles mehr, was eine solche Tour mit sich bringt. Unsere Idee nahm Gestalt an. Wir wollten von Frankfurt aus nach Südfrankreich, weiter nach Spanien und von dort die kürzeste Flugstrecke nach Mallorca wählen. Ab da sollte es in einem Tag über Sardinien nach Palermo gehen. Palermo sollte das südlichste Ziel unsere Reise sein, der Heimweg war über Kroatien geplant.
Monate der Vorbereitungen vergingen. Flugzeuge gehen kaputt, Ersatz musste organisiert werden, die Rettungsinseln und Notsender kamen am letzten Tag vor Abreise und es blieb spannend bis zum Abflug.
Da wir von unterschiedlichen Flugplätzen starteten, einigten wir uns auf Freiburg als Treffpunkt der gesamten Crew. Hier wollten wir entscheiden, ob die Tour am Mont Blanc entlang oder direkt über den Genfer See nach Chambery führen sollte. Während die zwei 172er von Egelsbach bei strahlendem Sonnenschein starteten, war die Piper bedingt durch Bodennebel noch ein Stündchen länger am Boden, bevor es endlich losgehen konnte. Für den großen Teil der Crew war es das erste große Flugabenteuer, umso größer die Vorfreude und die Anspannung.
In Freiburg wurde die Route um den Mont Blanc beschlossen. Das Wetter war nicht eindeutig, aber man wollte es probieren. Letztendlich drehte eine Crew über dem VOR „Willisau“ ab und steuerte direkt Chambery Aix Les Bains (LFLB) ab, die zweite erreichte die Höhe nicht und die dritte landete mit tollen Fotos vom Mont Blanc, allerdings ohne Gipfel, denn der versteckte sich in den Wolken.
Im Aeroclub Chambery bekamen wir Kuchen und Kaffee und berichteten aufgeregt von unserer ersten größeren Erfahrung. Sofort studierten wir Wetter, Strecken und Möglichkeiten, wie wir heute noch Perpignan erreichen könnten. Das erwies sich als nicht ganz einfach und viele Worte können die vielen Versuche nicht beschreiben VFR nach Perpignan zu kommen, aber das Ziel wurde nicht erreicht. Zu viele Wolken, zu schlechtes Wetter für VFR Flieger. Über eine zuvor festgelegte Air to Air Frequenz vereinbarten wir zu guter Letzt ein Alternate, welches für alle gut zu erreichen war. Aurillac in den Ausläufern des Massive Central. Der Flughafen war unbesetzt, aber in Frankreich bedeutet das nur, dass man mit Hilfe von „blind messages“ die genaue Position im Anflug angibt und trotzdem sicher landen kann. So einfach kann es sein.
Nach einem guten Abendessen und einer erholsamen Nacht galt es am nächsten Tag Avgas zu besorgen. Im Übrigen ein Thema, was einen Piloten auf einer solchen Tour dauerhaft begleitet. Wo bekomme ich Avgas her und bei teilweise 4€/L ein Thema, was das Budget deutlich belastet.
Nach vielen Telefonaten und freundlicher Hilfe wurde der Tankwart des Aeroclub gefunden und war auch bereit uns die nötige Menge zu verkaufen.
Zwei Stunden später landeten wir in Perpignan zum Tankstop, dann ging es bei teilweise diesigem, aber freundlichen Wetter über die Ausläufer der Pyrenäen an der Kontrollzone von Barcelona vorbei nach Castellon. Die letzten Meilen auf dem Meer mit Blick auf die Küste, was einen immer mit einer grandiosen Aussicht belohnt.
Ich könnte jetzt noch viel über Streckenabschnitte, Wetter, Flughäfen und Benzinpreise schreiben. Viele Daten, viele Kürzel, aber ein Reise wird nicht interessant durch organisatorische, fliegerische Details, sondern durch Emotionen, die geweckt werden. Herausforderungen, denen man sich stellt und die versucht werden zu bewältigen.
Eine dieser Herausforderung war der lange Flug von Mallorca über Sardinien nach Palermo. Die Herausforderung war zum einen das genaue Berechnen des Verbrauchs und der Endurance, wann ist der „Point of no Return“ erreicht, wie verhalten wir uns, wenn eine Maschine in Schwierigkeiten gerät, was passiert im Notfall. Viele und lange Diskussionen, viele Berechnungen, viele Zweifel, aber auch Abenteuerlust in den Augen der Freunde. Letztendlich waren die Tatsachen geklärt. Ein Tankstopp auf Menorca sollte alle Zweifel beseitigen. Das ist die eine Herausforderung, die andere ist die mentale. Mit einer Ein-Mot 2-3h über das offene Meer. Ist das Risiko kalkulierbar? Weiß der Motor, dass wir über dem Meer fliegen und das eine Notwasserung bei Maschinenproblemen der letzte Ausweg wäre? Wie sinkt ein Hochdecker und wie sinkt ein Tiefdecker? Was geht in unseren Köpfen vor und wie unterschiedlich sind die Einschätzungen der Risiken. Es war ein anstrengender Abend, der die gesamte Crew in 2 Lager spaltete, aber letztendlich dazu führte, dass man die geplante Route umsetzten wollte. Am nächsten Morgen wurden an der Tankstelle Kanister gekauft und betankt, die Flugzeuge nochmal eingehend begutachtet und gecheckt und los ging es nach Menorca. Die einen mit der Abenteuerlust in den Augen, die anderen vielleicht mit dem ein oder anderen leichten Zucken in der Magengegend. In Menorca angekommen, betankten wir die 172er mit dem mitgebrachten Treibstoff aus den Kanistern bis kein Fingerhut Luft mehr in den Tanks Platz hatte. Noch ein letztes Händeschütteln, noch ein Lachen und ein „guten Flug“ an die Freunde und wir rollten auf.
Wundervoll blau lag das Meer unter uns und ich genoss den Flug in vollen Zügen. Wir stiegen langsam auf 8000Fuss, um im Notfall mehr Zeit zum Gleiten und Vorbereiten einer Notwasserung zu haben. Mein Copilot hatte das Rettungsboot zwischen den Beinen, die Schwimmwesten waren angelegt. Trinkwasser, ein zweites Funkgerät, eine Decke, Messer, Taschenlampe und Notfallsender waren in einem wasserfesten Sack auf der Rückbank deponiert. Die anderen Crews konnten wir im Funk verfolgen, was eine gewisse Sicherheit vermittelt. Wir hatten GPS Punkte ausgemacht, die wir uns gegenseitig bei Erreichen durchgeben wollten und die uns die Sicherheit gab zu wissen auf welcher Route im Notfall geflogen wurde. Wer der Meinung ist, dass das Mittelmeer dicht mit Schiffen befahren ist, wird bei einem solchen Flug eines Besseren belehrt. Wir haben vielleicht auf der gesamten Route nach Caligari 2 oder 3 Schiffe gesichtet. Zu Wenige, um mit der Annahme zu spielen, dass man dadurch Hilfe bekommen könnte.
Der Flug verlief ruhig und reibungslos. Eine gewisse Zeit mussten wir auf Funk verzichten, da wir wohl außerhalb der Reichweite waren. Mit jeder Meile weiter auf dem Meer stellte sich bei mir eine Ruhe ein. Die Anspannung viel ab und ich konnte mich an dem endlosen Blau des Meeres, welches am Horizont in den Himmel überging, nicht sattsehen. Dazwischen strahlend weiße Wolkengebilde. Wie schön das doch alles ist und wie unendlich groß und erhaben. Wie klein dagegen unser Flugzeug am endlosen Himmel… . Solche Momente kann ich genießen, schließe Sie fest in meine Erinnerungen ein und kann lange davon zehren.
Nach einem Tankstopp in Caligari, der einem beim Zücken der Kreditkarte die Tränen in die Augen treibt, geht es sofort weiter nach Palermo. Dasselbe wieder, endloser Himmel, weites Meer, schneeweiße Wolken dazwischen. Auch hier immer wieder Zeit zum Träumen, allerdings auch immer mit einem Auge auf allen Maschineninstrumenten…..Wunderbares Wetter bis der Controller vom Palermo FIS uns unsanft in die Wirklichkeit zurückholt.
„Bad Weather condition, IMC ab 1400Fuss near Palermo”! “Please follow the coastline to Bocca di Falco” die direkte Anweisung des sehr bemühten Controllers. Von 8000Fuss kommend stürzen wir unsere Maschine auf 900 Fuss runter und befolgen angespannt den Anweisungen unseres Controllers. Es wabern dichte Wolkenfelder in den Tälern und mehr als die Küstenlinie ist oft nicht zu sehen, aber wir fliegen dicht über dem Meer die Küste Siziliens entlang, bekommen die Freigabe den Internationalen Flughafen zu queren und direkt über Palermo den Flughafen anzufliegen. Kurz bevor der Regen einsetzt und alles in Wolken verschwindet setzten wir mit unserem Flugzeug sicher auf der Piste auf und werden vom Aeroclub Palermo empfangen. Wenig später kommen die 2 anderen Maschinen ebenfalls sicher an. Wir steigen aus, ein leichter Nieselregen setzt ein, aber es ist uns egal. Wir sind erschöpft, aber glücklich und fallen uns in die Arme. Der südlichste Punkt unserer Reise ist erreicht und wir haben das geschafft, was wir uns vorgenommen haben. Ein bisschen, ein ganz kleines bisschen sind wir auch stolz auf uns…
Die Fahrt zum Hotel in der Altstadt ist ausgelassen, wir freuen uns auf ein verdientes gutes Abendessen in den engen Gassen der Altstadt Palermos, einmal ausschlafen und einen Tag Pause.
Bis Sizilien lief alles so, wie wir es geplant hatten. Das Wetter spielte „fast“ immer mit und der Wettergott war auf unserer Seite. Den Ätna hat er uns verweigert, dafür den Stromboli für kurze Zeit der Sicht preisgegen. Was für ein grandioser Anblick. Über die Liparischen Inseln führt uns die Route nach Scalea an der Westküste Italiens südl. Neapels. Die einzige Möglichkeit weit und breit Avgas zu bekommen. Dort gelandet checken wir wieder das Wetter und damit scheidet Dubrovik als unser nächstes Tagesziel aus. „Thunderstorm and Rain“ und damit für uns nicht fliegbar. Nach kurzem Studium der Karte ist unsere Wahl getroffen, wir fliegen nach Elba. Eine gute Wahl, denn der Flug führt uns an Capri und Ischia vorbei. Wie als hätte ein Riese Steinbrocken ins Meer geworfen liegen die Inseln im Sonnenschein unter uns. Man kann nur schwer den Blick abwenden, so schön sieht es aus. Der Flug ist angenehm, aber auch lange und belohnt werden wir durch einen grandiosen Anflug Elbas direkt über eine herrliche Bucht. Nach der Landung noch etwas Paperwork und dann erstmal ein wohlverdientes kaltes „Birra Moretti“.
Unser Trip neigt sich dem Ende zu, in den letzten Tagen ist man als Crew auch zusammen-gewachsen, einiges wird zur Routine, die uns noch bevorstehende Strecke über die Toskana nach Portoroz in Slowenien erscheint uns fast als Katzensprung.
In Slowenien verbringen wir noch einen schönen Abend zusammen und am nächsten Morgen trennen sich usere Wege. Die etwas unerfahrenere Crew, zu der ich gehöre, entscheidet sich für den einfachen Weg über die Alpen, indem wir den Brenner als Pass überfliegen. Zugegeben, wenn man das erstmal die Alpen überfliegt und die Sicht durch Wolkentürme, die einem Südstau an der Alpenkette zu verdanken sind, einem manchmal Ehrfurcht einhaucht, dann ist eine Anspannung nicht zu verleugnen. Aber zu zweit auf 11000 Fuss machen alle 3 einen guten Job. Unsere Maschine fliegt uns hoch und tadellos, der Co-Pilot navigiert wie einst Kolumbus selbst und der Pilot fliegt. Ein schönes Zusammenspiel und belohnt werden wir auf dem Weg nach Hause mit einem fantastischen Blick auf die Zugspitze.
Eine Reise geht zu Ende, aber eigentlich hat für uns alle hier erst die Reise bekommen. Kaum die heimische Landebahn erreicht, gibt es schon neue Ideen, wohin uns der Wind noch tragen könnte. Für mich als Pilot, der mit diesem Hobby erst mit 50zig angefangen hat, hat sich eine neue Welt eröffnet. Ich war einfach nur begeistert. In meinen Gedanken fliege ich schon um die ganze Welt…….